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Die letzten „Zivis“ übergeben an die ersten „Bufdis“

28.06.2011

Die Wehrpflicht hat ausgedient – und damit auch der Zivildienst. Zum 31. Dezember werden die letzten Zivis ihre Einsatzorte verlassen. In sämtlichen Einrichtungen, in denen Zivis bisher wichtige Aufgaben in Pflege und Betreuung erledigten, können ab 1. Juli Männer und Frauen im Bundesfreiwilligendienst (BFD) für sechs Monate bis maximal zwei Jahre gemeinnützig tätig werden.

Bis zum Ende des Schuljahres erwartet Norbert Donath, BFD- und Zivildienstbeauftragter an der Stiftung Körperbehinderten-Zentrum Oberschwaben (KBZO), keine personellen Engpässe. Denn: „76 Prozent unserer Zivis haben ihren Dienst verlängert.“ Und das aus Überzeugung. „Ich habe gerne verlängert, weil mir der Dienst unheimlich viel Spaß macht“, lässt Zivi Sven Patent durchblicken. Und sein Kollege Tobias Beller rührt gleich mal die Werbetrommel für die künftigen Nachfolger, die in Anlehnung an die Abkürzung „Zivis“ schon als „Bufdis“ bezeichnet werden. „Man verliert schnell Berührungsängste und Unsicherheiten gegenüber den Menschen mit Behinderung und lernt Verantwortung zu übernehmen“, sagt der junge Mann, während Sven Patent Arbeitsklima und Aufgabenfeld am KBZO lobt: „Ich würde es wieder tun und kann es jedem empfehlen.“

Eine Empfehlung, die bei Marcel Steiner, Sascha Schwägele und Jonas Grässnik auf fruchtbaren Boden gefallen ist. „Wir wollen nach der Schule etwas Praktisches und Sinnvolles machen“, freuen sich die drei jungen Männer auf ihre neue Aufgabe.

Donath äußert sich „zuversichtlich und hoffnungsfroh“, dass sich weitere junge Menschen für diesen freiwilligen Dienst entscheiden werden. Zum einen durch eben diese Mund-zu-Mund-Propaganda; zum anderen ob der Tatsache, dass in diesem Herbst die letzten Zivis gemeinsam mit den frisch gebackenen Abiturienten um Studienplätze buhlen werden und im Sommer nächsten Jahres in Baden-Württemberg der doppelte Abiturjahrgang die Schulen verlassen wird. „Es werden sicher nicht alle, die wollen, dann auch gleich einen Studienplatz bekommen“, glaubt Donath, der deshalb im BFD „eine sinnvolle Übergangsphase zu Studium oder Ausbildung“ sieht. „Durch den Erwerb von Schlüsselqualifikationen und sozialer Kompetenz werden die jungen Menschen für den Berufseinstieg und das spätere Leben gut vorbereitet“, weiß Donath.

Vor allem junge Frauen und Männer, die planen, einen pädagogischen oder pflegerischen Beruf zu ergreifen, seien nach Einschätzung von Donath mit einem Bundesfreiwilligendienst vor dem Studium oder der Ausbildung gut beraten – das habe die jahrelange Erfahrung mit den Zivis gezeigt. „Ich kann mir durchaus vorstellen später im sozialen Bereich tätig zu sein“, sagt denn auch Sven Patent.

Eine weitere Chance für den BFD sieht Donath auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass erstmals zusätzliche Bevölkerungsgruppen angesprochen werden. Rüstige Rentner können sich melden, Arbeitssuchende und Hartz-IV-Empfänger ebenfalls. Das Entgelt liegt bei 330 Euro monatlich plus (möglicherweise) Kindergeld. Diese Kosten übernimmt zum großen Teil der Bund. Voraussetzungen für eine Bewerbung, unabhängig von Geschlecht und Nationalität: Mindestens 16 Jahre alt und die Vorlage eines Schulabschlusses.

„Wir hoffen, dass der Bundesfreiwilligendienst in dem Maße erfolgreich sein wird, damit das soziale Lernen in unserer Gesellschaft in möglichst großem Umfang auch ohne Zwang fortgesetzt wird“, sagt Dr. Ulrich Raichle, der Vorstandsvorsitzende der Stiftung KBZO. Um die Attraktivität des Dienstes weiter zu steigern, werde das KBZO seine „Verbindungen nutzen, um eine Anerkennungskultur des BFD in Form von Gratifikationen oder Punkten bei der Studienplatzvergabe zu schaffen“.

@ www.bafza.de

Die Zivis Sven Patent (rechts) und Tobias Beller (3. v. r.), zwei der letzten ihres Standes, begrüßen gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Ulrich Raichle (2. v. r.) und dem BFD- und Zivildienstbeauftragten Norbert Donath (Mitte) die ersten „Bufdis“ am KBZO: Marcel Steiner, Sascha Schwägele und Jonas Grässnik (von links). Foto: wortschatz
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